„Leinen los“ in Zeiten von Corona
Sie fahren wieder – die ersten Kreuzfahrtschiffe mit Passagieren. Seit Ende Juli ist der Urlaub auf dem Schiff wieder möglich. Mit Sicherheitsvorkehrungen, versteht sich. Aber wie ist das Leben an Bord in Zeiten von Corona? Wie gut sind die Konzepte der Reedereien? Unsere Kreuzfahrtexpertin Rebekka hat sich persönlich ein Bild gemacht und die MS EUROPA 2 auf ihrer ersten Tour nach dem Lockdown getestet.
Es geht wieder los: 3 Tage an Bord der MS EUROPA 2 machen Lust auf Meer!
Seit März ist es ruhig, sehr ruhig auf den Meeren. Alle (!) Kreuzfahrtschiffe dieser Welt liegen in Häfen oder auf Reede. Für uns als Kreuzfahrtfans ein unendlich trauriges Bild. Doch nach Monaten gibt es nun einen Lichtblick: In Deutschland – als erstem Land der Welt – fahren sie wieder, die ersten Schiffe. Und da sind wir natürlich sofort als Passagiere dabei. Unsere Kreuzfahrtexpertin Rebekka war für drei Tage an Bord der MS EUROPA 2 und berichtet von ihren Erfahrungen.
Hamburg, 30. Juli 2020 | Endlich ist er da, der lang ersehnte Tag. Endlich heißt es wieder „Leinen los“ und das Nebelhorn tutet durch die Hafencity. Willkommen an Bord der MS EUROPA 2! Ich habe die große Freude und Möglichkeit, auf einem der ersten Schiffe nach der weltweiten Kreuzfahrtpause dabei zu sein. Als leidenschaftliche Kreuzfahrerin bin ich sehr gespannt, was es bedeutet, unter den neuen Bedingungen wieder an Bord zu gehen.
Natürlich habe ich mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht. Ist das Risiko an Bord höher? Was kann passieren? Auf welchen Service werde ich verzichten müssen? Und doch weiß ich durch meine vielen Jahre im Kreuzfahrtgeschäft, dass Schiffe die besten Voraussetzungen bieten, um die neuen Präventions- und Sicherheitskonzepte umzusetzen. Denn hier wurde immer schon ein sehr hoher Hygienestandard gelebt.
Nun darf ich also die MS EUROPA 2 für drei Tage testen und mich selbst davon überzeugen, wie professionell die Reedereien (hier im speziellen Hapag Lloyd Cruises) mit diesem Thema umgehen. Und das mit vielen Fragen im Gepäck. Ich bin gespannt, wie vor allem mit Situationen umgegangen wird, bei denen in der Vergangenheit immer viele Gäste gleichzeitig anwesend waren: beim Check-in, bei der Seenotrettungsübung, beim Essen.
Entspanntes Check-in mit Freiraum
Entgegen einiger Bedenken verläuft das Check-in im Hamburger Cruise Center Baakenhöft sehr entspannt und schnell. Das liegt einerseits daran, dass das Schiff nur mit maximal 60 Prozent an Gästen belegt ist, andererseits hat jeder Passagier mit seinen Reiseunterlagen ein bestimmtes Zeitfenster zur Einschiffung erhalten. Somit ist ganz viel Platz für alle und das mittlerweile überall gelernte Abstandhalten überhaupt kein Problem.
Seenotrettungsübung in zwei Gruppen
Die obligatorische Seenotrettungsübung ist auch in Corona-Zeiten Pflicht. Bei Hapag Lloyd Cruises wird sie in zwei Durchgängen abgehalten, sodass auch hier genügend Freiraum ist. Zudem geht es dadurch auch erheblich schneller, da nur die Hälfte der Gäste gezählt werden muss. Bei den anderen Reedereien finden die Seenotrettungsübungen übrigens ebenfalls in deutlich kleineren Gruppen statt.
Leben an Bord mit und ohne Maske
Nach der Pflicht kommt das Vergnügen: Auslaufen mit einem Glas Champagner in der Hand und dem Blick auf die Elphi. Ein Gänsehautmoment – wie immer! Unbeschwert kann man diesen Augenblick genießen, denn an den Außendecks kann die Maske abgenommen werden. Diese muss an Bord nur getragen werden, wenn man die 1,5 Meter Abstand nicht einhalten kann, wie in den Treppenhäusern, Aufzügen, Gängen, im Restaurant auf dem Weg zum Tisch etc. Hier draußen an Deck ist aber alles wie immer. Auch hat sich an dem ergreifenden Gefühl, wenn das Schiffshorn ertönt und die Auslaufmelodie erklingt, nichts geändert.
Genuss pur: Restaurantbesuch wie an Land
Kaum haben wir abgelegt, kommt der Hunger. Zeit, den gemütlichen Teil des Abends zu beginnen. Ich habe einen Tisch im italienischen Spezialitätenrestaurant Serissima reserviert. Wie auch an Land trage ich auf dem Weg durchsRestaurant meine Maske, angekommen am Tisch kann ich diese gleich wieder absetzten und das sensationelle Essen in vollen Zügen genießen! Das Servicepersonal trägt anstelle einer Maske ein Gesichtsvisier, was ich als sehr angenehm empfinde, da ich so das freundliche Lächeln meines Kellners sehen kann.
Eine größere Veränderung erlebt hingegen das Buffet Restaurant. Hier sucht man sich zwar weiter seinen Platz selbst aber es wird ab sofort „serviert“. Konkret heißt das, man sucht sich etwas am Buffet aus und das Servicepersonal richtet es auf dem Teller an. Einen Nachteil kann ich darin nicht erkennen, denn das Angebot an Speisen hat die gleiche Qualität und wird wie immer wunderschön präsentiert. Das Auge isst ja bekanntlich mit! Ich habe zudem weiterhin die freie Auswahl, was und wie viel ich essen möchte.
Wie auch an Land stehen derzeit vermehrt Desinfektionsspender zur Verfügung und beim Eintritt ins Buffet Restaurent wird man zuerst zum Händewaschen an die Waschbecken geleitet. Auch werden die Tische in den Restaurants und Bars sowie alle öffentlichen Bereiche ständig desinfiziert.
Langeweile kommt nicht auf – weiterhin buntes Tagesprogramm
Nach dem vorzüglichen Essen geht es traditionell ins Theater und auch hier habe ich mich im Vorfeld gefragt, wie das funktionieren soll? Doch die MS EUROPA 2 bietet eine gute Lösung: Versetzt sind Plätze markiert, die nicht besetzt werden dürfen. Damit kann auch im Theater ohne Probleme der Abstand gewahrt werden. Hier gilt wie im Restaurant: Auf dem Weg zum Platz wird Maske getragen, dort angekommen kann sie abgenommen werden. Das Programm selber hat die gewohnt gute Qualität.
Zum Vergnügen an Bord gehört natürlich noch wesentlich mehr, als nur das Theater. Davon mache ich mir am nächsten Tag einen Eindruck. Das Tagesprogramm ist wie immer wundervoll gefüllt. Bei meinem Bummel übers Schiff stelle ich fest, dass weiterhin im SPA-Bereich entspannt werden kann (bis auf die Nutzung der Sauna), dass Fitnessstudio zum Auspowern geöffnet ist und die Bordshops zum Bummeln einladen. Und auch die Kleinsten kommen im KidsClub auf ihre Kosten.
Am Pooldeck ist ebenfalls alles wie immer. Wie am Abend zuvor brauche ich hier draußen keine Maske, wenn ich Abstand halten kann. Kann ich! Die Liegen sind wesentlich großzügiger auseinandergestellt, so dass ich mich sorgenfrei in die Sonne legen kann. Und auch im Pool selbst braucht keiner eine Maske zur Badehose.
Dies alles gepaart mit höchstem Genuss der Spitzenküchen, leckeren Cocktails und Weinen an den Bars sowie kulinarischen Programmpunkten, wie Gin-Tastings, lässt mich das Leben auf der MS EUROPA 2 genießen.
Prävention sorgt für Sicherheit
Neu im Tagesprogramm ist die tägliche kontaktlose Temperaturmessung von Gästen und Crew. Auf der MS EUROPA 2 gibt es dafür zwei Stationen im Atrium, bei denen man im Laufe des Tages immer wieder vorbeikommt. Das ist ein Aufwand von Sekunden, der später wertvolle Zeit bringen kann. Denn dadurch wird frühzeitig auf Symptome von Covid-19 hingewiesen. Im Ernstfall kann so umgehend reagiert werden.
Aber was passiert eigentlich, wenn ein Gast an Bord Symptome zeigt? Auf allen Schiffen von Hapag Lloyd Cruises, aber auch bei den anderen Reedereien wurden besondere Vorkehrungen getroffen. Das medizinische Equipment wurde umfassend aufgestockt und mit eigenen Testlaboren für Schnelltests versehen. Es gibt an Bord separate Bereiche in denen Passagiere mit aktiven Infektionen isoliert werden können, um so die anderen Gäste und die Crew zu schützen. Zudem gibt ein medizinisches Partnerunternehmen, welches sich im Akutfall um die Ausschiffung der Gäste kümmert. Dass gleich ein ganzes Schiff unter Quarantäne gestellt werden muss, kann so vermieden werden.
(Fast) alles ist möglich, nur eben mit Abstand!
Mein Fazit nach drei Tagen an Bord: Wir leben nun schon seit mehreren Monaten mit dem Virus und mussten auf vieles verzichten. Außerdem hatten wir viel Zeit, uns an die neue Realität u.a. mit Masken zu gewöhnen. Die Reedereien haben viel Aufwand betrieben und Energie investiert, um uns einen unbeschwerten sowie sicheren Urlaub zu ermöglichen. Sie haben die Schiffe an die Situation angepasst und neue Standards eingeführt. Die uns mittlerweile bekannte AHA-Regel (Abstandhalten – Hygiene – Alltagsmaske) gilt an Bord genauso wie an Land. Natürlich kann die gegenwärtige Situation, welche unseren Alltag beherrscht, auch im Urlaub und an Bord nicht ausgeschaltet oder vergessen werden. Wir müssen vielmehr lernen, mit ihr zu leben. Das funktioniert meiner Einschätzung nach auf dem Schiff sehr gut. Hier kann man es sich zumindest dabei gutgehen und sich verwöhnen lassen.
An der Reling stehen, die fantastische Aussicht auf das Meer genießen, die Wellen spüren und extrem gut essen – Wir mussten alle viel zu lange darauf verzichten. Ich bin froh, dass die Kreuzfahrt endlich wieder Fahrt aufnimmt. Wenn auch (noch) nicht mit voller Kraft voraus.
Wir sehen uns bei uns im Reisebüro oder an Bord. Ahoi!
Rebekka Woodroffe